Die Treibhausgasentwicklung in Aachen in den vergangenen 30 Jahren. Auffällig: In allen Bereichen gingen die absoluten Zahlen zurück. Lediglich im Bereich der kommunalen Verwaltung stieg der Wert zwischen 1990 und 2023 von 5000 auf 29.000 Tonnen. // Grafik: Stadt Aachen |
05. November 2024
Dicke Luft in Aachen?
Verwaltung vergleicht Äpfel und Birnen
Die Luft in Aachen ist seit 1990 deutlich besser geworden. Die Treibhausgas-Emissionen (CO2) gingen von 1990 bis 2023 um 39 Prozent zurück. 2.579.000 Tonnen CO2 wurden 1990 noch in den Aachener Himmel geblasen, im vergangenen Jahr waren es nur noch 1.594.000 Tonnen.
Einen wesentlichen Anteil am Rückgang hatten Industrie-Abgase. Sie gingen im Untersuchungszeitraum von 1.110.000 Tonnen auf 357.000 Tonnen zurück. Lagen sie 1990 mit 43 Prozent noch an der Spitze des Aachener CO2-Aufkommens, ging ihr Anteil 2023 auf 22 Prozent zurück. Damit rangieren sie aktuell nur noch auf Platz 3 der Statistik.
Das kann man lufttechnisch natürlich toll finden. Andererseits würde mich interessieren, wie sich diese De-Industrialisierung auf die Gewerbesteuer-Einnahmen und die Arbeitsplätze in der Stadt ausgewirkt hat.
Durch den industriellen Schrumpfungsprozess verschoben sich jedenfalls auch die Anteile der übrigen Fraktionen: Haushalts-Abgase, im Jahr 1990 noch mit 750.000 Tonnen (29 Prozent) auf Platz 2 im Ranking, eroberten mit 35 Prozent die Spitze - obwohl sie sich absolut auf 560.000 Tonnen verringerten.
Ähnlich beim örtlichen Verkehr: Von 16 Prozent (418.000 Tonnen) im Jahr 1990 stieg ihr Anteil im vergangenen Jahr auf 25 Prozent (370.000 Tonnen). Aber auch nur der prozentuale Anteil - die Tonnage ging um 48.000 Tonnen zurück.
Denkfehler oder Trick?
Dass die Verwaltung bisweilen einen ziemlich zwanglosen Umgang mit Zahlen pflegt, ist spätestens seit der eigenwilligen Interpretation des Wahlergebnisses der amtierenden Oberbürger*innenmeister*in im Jahr 2020 bekannt.
Auch bei den Zahlen, die am Mittwoch dem Ausschuss für Klima- und Umweltschutz präsentiert werden sollen, mangelt es nicht an abenteuerlichen Schlussfolgerungen.
Der Denkfehler (oder Trick?), auf den prompt auch Kian Tabatabaei von der AZ hereinfiel, besteht darin, einmal absolute Zahlen und dann wieder Prozentwerte miteinander zu vergleichen.
So kommt die AZ unter anderem zu dem Schluss, "dass die Zahlen für den Verkehrssektor im Vergleich zu 1990 gestiegen sind".
Das ist schlichtweg falsch, und um das festzustellen, reicht ein einfacher Blick in die Grafik. Gestiegen ist nur der prozentuale Anteil aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen. Die absoluten Zahlen sind gesunken. Und da Prozente nicht stinken, ist der Aufschrei vom "Sorgenkind Verkehrssektor" völlig unangebracht.
Ja, der Verkehr steht neuerdings auf Platz 1 der Tabelle, trotz deutlich rückläufiger absoluter Zahlen. Aber irgendwoher muss die Begründung für die grüne "Zukunftsforderung Transformation des Verkehrsbereiches" ja kommen.
Anstieg bei der Verwaltung um 580 Prozent
Würde die Hälfte aller Aachener Haushalte, die heute noch mit Öl und Gas heizen, in den nächsten Jahren auf Fernwärme oder Wärmepumpe umsteigen, dann würde sich der Anteil des Straßenverkehrs am (dann weiter gesunkenen) CO2-Aufkommen ganz von alleine sprunghaft erhöhen, selbst wenn dort die nackten Zahlen unverändert blieben.
Mit dem Attribut "marginal" wird dagegen bei der AZ der Anstieg der CO2-Emissionen innerhalb der kommunalen Verwaltung von 5000 Tonnen (1990) auf 26.000 Tonnen (2023) unkommentiert durchgewunken und untern Teppich gekehrt. Das entspricht einem Anstieg von sagenhaften 520 bzw. 580 Prozent.
Man möchte sich nicht vorstellen, was Grün-Rot und die Verwaltung veranstaltet hätten, wenn diese Quote im Verkehrsbereich zu verzeichnen gewesen wäre ...
Lesen Sie hier: Die Vorlage der Verwaltung
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