Frank Pohle, Leiter des Centre Charlemagne (hinten links) und Stadtarchäologie Andreas Schaub (hinten rechts) freuen sich über die Leihgabe, die Lehrer Olaf Grodde (links) vom Heilig-Geist-Gymnasium in Würselen mit seinen Schülern (von links) Johannes Werden, Jakob Dölker und Avaneesh Hariharan überbrachte. // Foto: Ulrich Simons |
08. Mai 2024
Römische Schrifttafel
aus dem 3D-Drucker
Es gibt Tage, da würde ich gerne nochmal in die Schule gehen. Gestern war so ein Tag.
Im Centre Charlemagne schlugen Schüler des Würselener Heilig-Geist-Gymnasiums eine Brücke über 2000 Jahre Geschichte. Was bei Ausgrabungen am "Hof" mit einem römischen Mauerfragment aus der Zeit des Kaisers Trajan begonnen hatte, fand jetzt ein vorläufiges Ende mit der rekonstruierten Schrifttafel aus dem 3D-Drucker.
Mehr als einen Meter breit und fast 50 Zentimeter hoch muss der Inschriftenstein gewesen sein, an dessen Rekonstruktion sich Schülerinnen und Schüler aus der Archäologie- und der 3D-Druck-AG des Heilig-Geist-Gymnasiums in Würselen mit ihrem Lehrer Olaf Grodde gemacht hatten. Das fertige Stück übergaben drei Schüler nun leihweise dem Centre Charlemagne.
Ein besonderes Zeitzeugnis
„Normalerweise sind alte Inschriften spröde und in Teile zersprungen. Deshalb ist es für uns besonders wertvoll, dass wir diese hier im Rahmen der Bildungspartnerschaft, die die Stadtarchäologie seit 2020 mit der Schule pflegt, in Originalgröße herstellen lassen konnten“, freute sich Dr. Frank Pohle, Leiter des Centre Charlemagne.
Das Original wurde zu Zeiten Kaiser Trajans (98-117 n. Chr.), unter dessen Herrschaft das Römische Reich seine größte Ausdehnung erreichte, in Aachen aufgestellt.
„Das ist nicht irgendeine Inschrift. Es ist DIE Inschrift für Aachen. Dass Trajan hier selbst als Bauherr genannt wird, zeigt deutlich: Aachen stand schon 700 Jahre vor Karl dem Großen in kaiserlicher Gunst. Das ist sehr selten“, erklärte sich Stadtarchäologe Andreas Schaub.
Die Inschrift entstand wahrscheinlich in der frühen Herrschaftszeit des Kaisers, als er noch als Statthalter Niedergermaniens im heutigen Köln weilte. Das lässt der Beiname Germanicus vermuten, der als GER abgekürzt in der Mitte der dritten Zeile zu lesen ist.
Dieser Titel war einer der ersten des römischen Kaisers. Spätere Beinamen Trajans, die er während seiner Herrscherzeit ansammelte, sind in der Aachener Inschrift nämlich noch nicht aufgeführt.
Das Fragment, das im Untergeschoss des Centre Charlemagne in einer Vitrine zu sehen ist (und im Bild unter diesem Text) stammt vom römischen Forum, das sich im Bereich des heutigen "Hof" befunden hat.
Das dazugehörige Gebäude war Teil eines riesigen Bauprogramms, das Kaiser Trajan in Aachen verwirklichen ließ. "Dagegen sind die geplanten Gebäude am Büchel heute Peanuts", ordnete Stadtarchäologe Andreas Schab das Projekt größenmäßig ein.
Aufwändige Rekonstruktion
Mithilfe von Zeichnungen und Modellen führte der Weg vom Fragment zum 3D-Druck. „Die Rekonstruktion des Textes hatten zuvor bereits die Experten (Anm.: Stadtarchäologe Andreas Schaub und Prof. Klaus Scherberich vom Lehrstuhl für Alte Geschichte an der RWTH Aachen) übernommen. Ich habe dann eine zweidimensionale Skizze angefertigt. Wir mussten die Rekonstruktion dünner machen, weil der Druck sonst noch mehr Zeit benötigt hätte", erzählt Johannes Werden aus der Archäologie-AG des Gymnasiums. "Das funktioniert im Grunde wie eine sehr feine Heißklebepistole."
Schicht für Schicht nahm der Stein in 0,15 Millimeter-Schritten Gestalt an. Mehrere Hundert Schichten lagen am Ende in jedem der 16 Elemente aufeinander, die dann kunstvoll miteinander zur endgültigen Größe verbunden wurden. 16 weitere Elemente und vier Eckelemente bilden den Rahmen.
Wie lange es gedauert hat, die Teile herzustellen, berichtet Avaneesh Hariharan aus der 3D-Druck-AG: „Wir haben immer schon um 7.45 Uhr vor dem Unterricht den Drucker eingeschaltet, damit wir nach Schulschluss über Nacht das nächste Teil drucken lassen konnten. Bei großen Teilen hat das manchmal bis zu 15 Stunden gedauert.“ Unter Strich, ergänzt Johannes Werden, sei der Drucker mehr als 345 Stunden gelaufen.
Auf das Ergebnis können die Schüler und ihr Lehrer stolz sein.
Zu sehen ist die 2000 Jahre alte HighTech-Inschrift ab dem 25. Mai in der Ausstellung "Wer schreibt, der bleibt - Als die Römer uns die Schrift brachten" im Centre Charlemagne am Katschhof. Die Ausstellung dauert bis zum 01. September.
(mit Material des städtischen Presseamtes)
Das Original vom "Hof" liegt im Centre Charlemagne unter Glas: In der ersten Zeile ist ein Stückchen des Wortes ImPERAtor zu erkennen. Da derartige Steine immer einem gewissen Schema folgten, konnten Experten den Rest rekonstruieren. Die pfiffigen Würselener Gymnasiasten machten dann mithilfe von HighTech ein 3D-Modell in Originalgröße daraus. // Foto: Ulrich Simons |
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