In den vergangenen Tagen wurden säckeweise Plastikbälle im Freibad Hangeweiher angeliefert. Heute Nachmittag werden sie erstmals zu Wasser gelassen. // Foto: Ulrich Simons |
01. April 2024
Weil zuviel Wasser verdunstet:
Hangeweiher wird zum "Bällebad"
01. April 2024 - So bunt wie in den kommenden Monaten war es im Hangeweiher wohl noch nie: Denn in dieser Saison wird das Freibad zum "Bällebad". Heute Nachmittag fällt der Startschuss zum Probelauf! Ab 15 Uhr werden bunte Plastikbällchen ins große Becken gekippt. Es dürfte ein herrliches Spektakel werden. Trotz des angekündigten Regens.
Die Stadt hat bewusst den Feiertag für den Probelauf ausgewählt, weil über die Ostertage der Baubetrieb ruht. Außerdem - so das städtische Presseamt - hätten dadurch auch viele Familen Gelegenheit, an dem bunten Event teilzunehmen. "Bunte Plastikkugeln statt bunter Eier - so weit liegt das nun auch wieder nicht auseinander", heißt es bei der Stadt.
Wer will, kann also kommen, beim Einfüllen zuschauen und das neue Badegefühl gleich ausprobieren. Der Eintritt ist frei. Einziger Haken an der Sache: Das Wasser ist noch saukalt.
Am Abend ab 18 Uhr werden die Bälle wieder eingesammelt, weil noch Feinabstimmungen an den Abläufen vorgenommen werden müssen. Am 1. Mai startet das "Bällebad" dann offiziell in die Saison 2024.
Klimawandel macht die Sparmaßnahmen erforderlich
Was so lustig klingt, hat einen durchaus ernsten Hintergrund: den Klimawandel. Um die enorme Verdunstung während der immer heißeren Sommermonate und damit die steigenden Wasserkosten in den Griff zu bekommen, startet die Stadt gemeinsam mit der RWTH einen spannenden Versuch: Die Wasseroberfläche soll mit Tausenden bunten Plastikkugeln, die das Sonnenlicht reflektieren, vor dem Verdunsten geschützt werden.
Angenehmer Nebeneffekt: Das Becken kühlt in den Nachtstunden nicht so schnell aus. Das Sonnenlicht heizt die Plastikkugeln auf, und die halten dann über Nacht die Wassertemperatur stabil.
Björn Gürtler vom städtischen Presseamt lieferte auf Anfrage ein paar beeindruckende Zahlen:
- Der Wasserverbrauch (Frischwasserbezug) im Freibad Hangeweiher lag im Jahr 2023 bei 17.213 Kubikmetern, das sind 17.213.000 Liter. Die kosteten (gerundet) 34.500 Euro.
- Die Abwasserkosten wurden nach dem Frischwasserbezug berechnet. Im Jahr 2023 kostete der Kubikmeter 2,78 Euro, das wären für die Gesamt-Wassermenge 47.852,14 Euro gewesen.
- Soviel wurde es dann doch nicht, denn die jährliche Wasser-Verdunstungsmenge aus dem Freibad wurde mit 7345 Kubikmetern angesetzt. Die wurden bei der Berechnung der Schmutzwassergebühren abgezogen, da sie nicht in den Kanal gelangten. Somit verblieb eine Abwassermenge von 9868 Kubikmetern, die zu Kosten in Höhe von 27.433,04 Euro führte.
- Ergibt unterm Strich (Frisch- und Abwasser) 34.500 + 27.433,03 = 61.933,03 Euro. Da kann man schonmal über Sparmaßnahmen nachdenken.
Jeder Badegast nimmt drei bis vier Liter mit nach Hause
Wer's nachrechnen möchte: Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB) informiert im Internet unter dem Titel "Verdunstungsmengen in Bädern - Berechnung" über Wasserverluste in Freibädern, die nicht nur über die Wasseroberfläche, sondern auch durch Austragung des Badewassers aus dem Becken und eventuelle Bewässerung der Liegewiesen auftreten.
In Freibädern, so die DGfdB, liegt die Verdunstungsmenge zwischen 145 und 185 Gramm pro Quadratmeter und Stunde. Im Hangeweiher kommt man bei einer Wasserfläche von insgesamt knapp 2000 Quadratmetern demnach auf Verluste zwischen 290.000 und 370.000 Gramm, also zwischen 290 und 370 Litern pro Stunde.
Diese Werte gelten laut DGfdB aber nur für den Badebetrieb, d.h. bei bewegter Wasseroberfläche. Im Ruhezustand beträgt dagegen die Verdunstung etwa 90 Gramm pro Quadratmeter und Stunde.
Zudem trägt jeder Badegast rund vier bis fünf Liter Wasser im feuchten Badetuch mit nach Hause. An Berieselungswasser für Liegewiesen können weitere zehn bis 15 Liter pro Quadratmeter und Berieselungstag hinzugerechnet werden.
Taschenkontrollen
Da die Stadt befürchtet, dass nicht alle bunten Kugeln das Ende der Badesaison im Becken erleben, sondern als Souvenir in die eine oder andere Badetasche wandern, sollen in diesem Jahr erstmals die Besucher beim Verlassen des Freibades stichprobenartig kontrolliert werden.
Über die Kosten des Experimentes war leider nichts in Erfahrung zu bringen. Es soll aber zu 80 Prozent vom Land bezuschusst werden, nachdem es der Stadt offenbar gelungen war, diesmal die Antragsfrist einzuhalten.
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