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Ulrich Simons

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Redakteur (1987 bis 2019)
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APX - Flachbodenschiff

Schnitt durch das restaurierte Original eines römischen Lastkahns (Prahm) im Museum des Archäologischen Parks in Xanten (APX). Mit solchen Schiffen, so vermutet Stadtarchäologe Andreas Schaub, haben die Römer vor etwa 2000 Jahren Waren aus dem Mittelmeerraum über die Wurm und den Johannisbach bis in ihre Siedlung Aquae Granni transportiert. // Foto: LVR - Axel Thünker DGPh

 

15. Februar 2020

Der Johannisbach: Lebensader
des römischen Aquae Granni?

Der erste Eindruck beim Blick in den Aachener Talkessel muss für die Neuankömmlinge ziemlich ernüchternd gewesen sein: Ein sumpfiges Mückenloch, in das sich von Südwesten ein Sporn fast bis zur Mitte hineinschob. Die Begeisterung stellte sich erst beim zweiten Hinsehen ein: Der Ort hatte fließendes heißes Wasser. Die Römer luden ihre Maultiere ab und beschlossen: Hier bleiben wir.

So entstand zur Zeit um Christi Geburt die Urform von "Bad Aachen". Die Römer nannten es sehr wahrscheinlich "Aquae Granni", Belege dafür gibt es erst seit 765, also seit der Zeit Karls des Großen.

"Aquae" (der Plural von lat. aqua = Wasser) war bei ihnen ein Synonym für eine Quelle oder ein Heilbad. Und Grannus ("Granni" ist der Genitiv) wurde bei den Römern unter dem Namen Apollo verehrt. Es könnte ein Ausdruck geschickter Kolonialpolitik gewesen sein, dass die Römer dem keltischen Gott der Heilquellen einen Platz im neuen Ortsnamen beließen.

 

Planbarer, solider Warenverkehr für Bewohner und Badegäste

Die römische Siedlung an den heißen Quellen des Grannus hat sich nicht aus einer kleinen Keimzelle entwickelt. Sie war von heute auf morgen einfach da. Aus dem Boden gestampfte Fachwerkbauten als geplante Stadt mit dem Schwerpunkt Kur- und Badebetrieb.

Im zweiten Jahrhundert nach Christus erstreckte sie sich bereits auf einer Fläche von 20 bis 30 Hektar (1 Hektar = 10.000 Quadratmeter) und hatte geschätzt rund 2000 Einwohner. Hinzu kamen die römischen Legionäre aus Xanten, Nijmegen oder Bonn, die regelmäßig zwecks Kur und Entspannung im heißen Thermalwasser vorstellig wurden.

Allerdings wurde Aquae Granni nicht nur von kranken Legionären und Bademeistern bevölkert, sondern war eine richtige Kleinstadt mit allem Drum und Dran, inklusive einer "Prachtlatrine", einem Gemeinschaftsklo etwa an der Stelle, wo sich bis Ende März noch die Einfahrt zum Parkhaus am Büchel befindet. Irgendwie toll: 2000 Jahre Geschichte und immer noch der gleiche Geruch. Gespült wurde mit dem zum Baden zu kalt gewordenen Wasser aus den benachbarten Büchelthermen. Genial.

Es war nur ein kleiner Schritt bis zu der Idee gewesen, die Gaben der Natur nicht einfach dort versickern zu lassen, wo sie herkamen, sondern sie als Standortfaktor gewinnbringend zu nutzen und Badehäuser nach römischem Vorbild zu bauen.

Vorher waren aber noch ein paar elementare Fragen zu klären. Woher sollte das Baumaterial für die Badehäuser kommen? Und: Wie bekam man es nach Aquae Granni? Und auch: Wovon wurden Einwohner und Kurgäste satt? Die junge Siedlung brauchte einen planbaren, soliden Warenverkehr. Was umso schwieriger erschien, als man auf den ersten Blick zwar über heiße Quellen, nicht aber über einen schiffbaren Wasserweg verfügte.

Zwei Jahrtausende später beschäftigt sich Andreas Schaub immer noch mit dieser Frage. Schaub ist seit 2006 Stadtarchäologe in Aachen und glaubt, anhand interessanter Funde - auch seiner Vorgänger - die eine oder andere Antwort gefunden zu haben, schränkt aber gleich ein: "Es ist ein Indizienprozess, und wir werden den letzten Beweis schuldig bleiben müssen."

Die Steine für den Bau der gewaltigen Thermen am Büchel und am Dom - beide zusammen hatten eine Grundfläche von rund 11.000 Quadratmetern - stammten beispielsweise aus den Nivelsteiner Sandwerken zwischen Eygelshoven (NL) und Merkstein (D).

 

Ulrich Simons - Nivelsteiner Sandwerke

Die Winnetou-Filme mit Pierre Brice aus den 1960er-Jahren hätte man auch hier drehen können: Die Nivelsteiner Sandwerke bei Merkstein auf einem Luftbild aus dem Jahr 1981. // Foto: Ulrich Simons

Die Büchelthermen* mit einer Fläche von 4700 Quadratmetern gehörten seit dem späten 2. Jhdt. n. Chr. zu den größten Badeanlagen in Niedergermanien.

* Die Namen "Büchel-" und "Münsterthermen" wurden erst von späteren Archäologen-Generationen in die Forschung eingeführt. Wie sie zu Zeiten der Römer hießen, ist leider nicht überliefert.

Die Dachziegel oder die Fertigteile für Rinnen zum Wassertransport kamen aus den Legionsziegeleien in der Nähe von Xanten, Nijmegen oder Bonn. Sie waren vielfach mit Legionsstempeln versehen, so dass sie sich heute noch einwandfrei zuordnen lassen.

Auch der römische Portikus am Hof (die Treppenstufen sind echt antik, die Original-Säulen stehen heute im Landesmuseum in Bonn) war aus Nivelsteiner Sandsteinen errichtet.

Doch wie hatten die Römer die ganzen Baumaterialien nach Aachen bekommen?

 

Spanische Ölamphoren am Hof

Die gleiche Frage stellt sich bei der Verpflegung. Immer wieder stoßen die Archäologen bei Bauarbeiten und Ausgrabungen rund um Markthügel und Hof auf Reste der römischen Zivilisation. Auffällig dabei: Die Vielzahl an Fragmenten südspanischer Ölamphoren.

Roms Scherbenhaufen

Die Amphoren waren Wegwerfartikel. Der Monte Testaccio im gleichnamigen Stadtteil von Rom ist ein einziger Scherbenhaufen.

Die Fragmente stammen von zerbrochenen Amphoren und anderen Keramikgefäßen, in denen Öl, Wein und Getreide über den Tiber ins antike Rom transportiert wurden.

Die Schichtungen reichen Berechnungen zufolge bis zu 45 Meter in die Tiefe, der Hügel hat einen Umfang von rund 1000 Metern.

Man schätzt, dass rund 53 Millionen zerdepperte Amphoren vom Typ "Dressel 20" mit einem Fassungsvermögen von jeweils 70 Litern hier liegen.

 

Das Öl, soviel weiß man heute, wurde in der Küche verwendet und auch in Öllampen. Rund 70 Liter fassten die dickbauchigen Tongefäße vom Typ "Dressel 20", die samt Inhalt rund 100 Kilogramm wogen. "Hängen Sie sowas mal einem Maultier um", deutet Andreas Schaub die Transportprobleme an.

Die Amphoren waren offenbar ein Massenerzeugnis. "Die finden wir bei jeder Grabung", sagt Schaub.

Wie es aussieht, hatten die Römer neben vielem anderen auch ihre mediterrane Küche und die dazugehörigen Kochrezepte mitgebracht. Aber wenn nicht per Maultier, wie dann?

"Wir sitzen vor einem Puzzle mit 1000 Steinen, von denen wir 400 haben und die Vorlage fehlt", fasst Andreas Schaub den Stand der Forschung zusammen. Es scheint ihn nicht zu entmutigen, im Gegenteil.

Seine spannende Hypothese: Die Römer nutzten zum Warentransport Flachbodenschiffe (siehe Foto oben über dem Text), die sie auf dem Johannisbach bis in den Bereich des heutigen Kaiser-Karls-Gymnasiums zogen. Die trickreichen Wasserfahrzeuge konnten etliche Tonnen an Last transportieren, hatten dabei aber kaum Tiefgang. 50 Zentimetern waren ausreichend.

 

Die Uferbefestigung am Augustinerbach

Der damalige Stadtbaumeister Leo Hugot hatte bei Ausschachtungsarbeiten für den Erweiterungsbau des Kaiser-Karls-Gymnasiums an der Ecke Augustinerbach/Kockerellstraße im Jahr 1972 ein paar wertvolle Puzzlesteinchen zur Erforschung des römischen Aachens beisteuern können.

In 2,80 Metern Tiefe war Hugot zunächst auf Schichten von Bach-Ablagerungen (Sedimente) und schließlich auf eingeschlagene Pfähle und ein Weidengeflecht gestoßen: das befestigte südliche Ufer des römerzeitlichen Johannisbachs. Weitere fluviatile (= vom Bach herangeschaffte) Sedimente fand man vor einigen Jahren beim Umbau des Zeitungsmuseums an der Pontstraße.

Dazwischen - räumlich wie zeitlich - hatte man bei Bauarbeiten auf der nördlichen Seite des Augustinerbachs das Gegenstück zu der marktseitigen Uferbefestigung entdeckt. Gleiche Bauart, Abstand zur anderen Uferseite: Viereinhalb bis fünf Meter. Abstand zwischen den Baustellen an der Kockerellstraße und an der Pontstraße: rund 350 Meter.

Ganz allmählich ergab sich ein Bild: Annuntiatenbach und Augustinerbach, also der Bereich, in dem der Johannisbach heute wieder in einer offenen Rinne verläuft, waren Auenbereiche, die je nach Jahreszeit und damit verbundenem Wasserstand überflutet wurden.

Hatte man hier versucht, den mäandrierenden Verlauf des Johannisbachs künstlich zu begradigen? Handelte es sich um eine Anlegestelle, an der die Römer ihre Waren für Aquae Granni vom Lastkahn umluden und in Empfang nahmen?

Auf dem Landweg über Pyrenäen und Alpen wird man die schweren, luftdicht verschlossenen Amphoren wohl kaum hergebracht haben. Ähnliches gilt für die Nivelsteiner Sandsteine. Denn wo immer schwere Lasten zu transportieren waren, wählten die Römer den fünfmal kostengünstigeren Weg übers Wasser.

 

Ulrich Simons - Andreas Schaub

Stadtarchäologe Andreas Schaub mit einem Fragment einer spanischen Öl-Amphore, die bei Grabungen am Hof gefunden wurde. Schaub vermutet, dass die Römer die im gefüllten Zustand bis zu 100 Kilogramm schweren Amphoren mithilfe von Flachboden-Kähnen auf dem Johannisbach in die Stadt geschafft haben. // Foto: Ulrich Simons

Also in Spanien aufs Schiff, durch den Ärmelkanal bis zur Rheinmündung, auf der abzweigenden Maas weiter bis zur Rur und dem heutigen Roermond, spätestens dort umgeladen und anschließend mithilfe von Treidelpfaden und auf Flachbodenschiffen die Wurm hinauf, am heutigen Kaiserplatz rechts ab auf den Johannisbach bis zum Umschlagplatz am Augustinerbach?

Aber hatte der Johannisbach dafür überhaupt genug Wasser?
Die Lösung des Rätsels lag nicht in der Stadt ...

 

Hügelgräber auf dem kahlen Klausberg

Wenn es um die Schiffbarkeit des Johannisbachs geht, richtet sich der Blick zum Aachener Wald, und an dieser Stelle kommt Dr. Frank Lehmkuhl ins Spiel. Der Wissenschaftler, seit 1999 Professor für Physische Geographie und Geoökologie an der RWTH Aachen, hat sich unter anderem mit dem Frage beschäftigt: Wie hat der Aachener Wald zu Zeiten der Römer ausgesehen?

Seine Antwort: gar nicht. Schon in der älteren bis mittleren Bronzezeit (1800-1600 v.Chr.) war der Wald seiner Einschätzung nach abgeholzt. Die Hügelgräber auf dem Klausberg (360 m. ü. NN) bei Gut Entenpfuhl machen für ihn nur auf einer kahlen Bergkuppe Sinn.

"Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die Menschen in der Steinzeit ihre Verstorbenen mitten im Wald beigesetzt haben", sagt Prof. Lehmkuhl. "Die Hügelgräber waren Landmarken, Orientierungspunkte. Überlegen Sie mal, wie weit Sie die sehen können, wenn Sie aus Richtung Lüttich kommen und sich den Aachener Wald wegdenken." Immerhin hatten die Gräber eine Höhe bis zu drei Metern und einen Durchmesser zwischen fünf und 15 Metern.

 

Hügelgrab Klausberg

Hügelgrab im Aachener Wald auf dem Klausberg bei Gut Entenpfuhl. // Foto: Wikipedia/Arthur McGill

Wie der Höhenzug im Aachener Süden zur Zeit der Kelten ausgesehen hat, bevor die Römer kamen, weiß man heute nicht mehr. Frank Lehmkuhls Vermutung: ebenfalls waldfrei.

Als Wasserspeicher, der für einen gleichmäßigen Abfluss des Wassers sorgt, kommt der Aachener Wald zu dieser Zeit also nicht infrage. Die Alternative? Frank Lehmkuhls Theorie: "Am Rande des Aachener Waldes könnten die Römer einen künstlichen Stausee angelegt haben, den man nach Bedarf öffnete, um eine künstliche Flutwelle zu erzeugen, die dann den Johannisbach schiffbar machte."

Spuren davon gibt es natürlich heute nicht mehr. Da ist schon über ganz andere Bauten der Römer Gras gewachsen.

 

Geländeniveau und Verlauf des Johannisbachs in römischer Zeit

Auch im Aachener Stadtbild sind die Römer im wahrsten Sinne des Wortes Schicht für Schicht "untergegangen". Wo sie nicht selber das Relief durch Aufschüttungen verändert haben, haben die Karolinger, der große Stadtbrand im Jahre 1656 und der zweite Weltkrieg mit seinen Schutt- und Trümmerbergen die ursprüngliche Topographie zum Teil erheblich verändert.

(Was für die Archäologen trotz allem angenehmer ist als Troja, wo Heinrich Schliemann sich durch zehn Siedlungsschichten hindurchgraben musste, um an das Troja - das mit dem Pferd - zu gelangen, das Wolfgang Petersen 2004 monumental verfilmt hat. Brad Pitt als Achilles, Sie erinnern sich?)

Auf Bohrkernen ist vor allem der verheerende Stadtbrand heute noch in einer ausgeprägten schwarzen Linie aus Brandrückständen deutlich zu erkennen. Mit dem Brandschutt wurde unter anderem der Markthügel an der Ecke Großkölnstraße aufgeschüttet und vergrößert. Der Stauferkeller unter dem "Sausalitos" (in den 80er Jahren befand sich im Erdgeschoss eine McDonald's-Filiale) lag vor dem großen Stadtbrand auf Straßen-Niveau.

Lehmkuhls Doktorand Bernhard Pröschel hat in seiner Doktorarbeit u.a. anhand zahlloser Geodaten und Grabungsergebnisse rekonstruiert, wie das Relief der Innenstadt zu Zeiten der Kelten und Römer, also vor mehr als 2000 Jahren, ausgesehen hat.

Er fand heraus: Auf dem "römischen Untergrund" liegen in der Innenstadt bis zu acht Meter Schutt aus verschiedenen Siedlungsepochen. Die höchste Mächtigkeit hat diese von Menschen gemachte Deckschicht im Bereich des Hofes, wo als erste offenbar die Römer versucht haben, die Erosion infolge der Thermalquellen an der Südseite des Markthügels durch Aufschüttungen auszugleichen. Diese Erosion war wohl auch die Ursache dafür, dass der Markthügel damals an dieser (Süd-)Seite wesentlich steiler abfiel als heute.

Der Markthügel selber bestand schon in vor-römischer Zeit, war aber kleiner als heute. Die ersten Siedler werden ihn wohl vor allem gewählt haben, weil man sich hier im Gegensatz zur umliegenden Sumpflandschaft nicht ständig nasse Füße holte.

 

Bernhard Pröschel - Aachen

Wenn Sie auf einer Linie vom Bendplatz (links A) zur Normaluhr (rechts B) die Kreissäge ansetzen und die Schnittkanten dann auseinanderziehen, bekommen sie in etwa dieses Ergebnis.

Die römischen Ziffern am oberen Rand der Grafik bezeichnen verschiedene Siedlungsepochen Aachens, Epoche I waren die Römer, es folgte die Zeit Karls des Großen (II), das Mittelalter (III) und die Neuzeit (IV).

Die bunten Rechtecke sind die Schnitte durch die Barbarossamauer (grün) und die mittelalterliche Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert (rot).

Die Linie ganz oben mit den schwarzen Quadraten beschreibt die mittlere Mächtigkeit des aufgeschütteten Materials (gelb) über dem ursprünglichen Geländeprofil zur Römerzeit (braun). Deutlich zu erkennen: Im Bereich des Marktes und südlich davon finden sich die höchsten Auflagerungen.

Links vom Markthügel ist der Johannisbach ("Floodplain") eingezeichnet, rechts vom Markthügel die Thermalquellen an Dom und Büchel. Das breitere Bachbett rechts zwischen den beiden Stadtmauern gehört der Pau.

Die Differenz zwischen höchstem und niedrigstem Punkt (Skala links) beträgt 30 Meter. // Grafik: Bernhard Pröschel

 

Ein neues Bett für den Johannisbach

Pröschels Versuche, den alten Verlauf des Johannisbachs anhand der fluviatilen Sedimente zu rekonstruieren, zeigen nicht nur, dass der Bach in früherer Zeit bis zu drei Meter unter dem heutigen Straßenniveau verlief. Sie zeigen auch, dass die früheren Bachverläufe von dem heutigen, teilweise verrohrten Bachbett merklich abwichen.

Aufgrund der Ausbreitung der Auenzone nördlich des Marktplatzes (im Bereich von Annuntiaten- und Augustinerbach) weiß man inzwischen, dass das urprüngliche Bett des Johannisbachs vor Ankunft der Römer etwa 50 Meter weiter südlich (also Richtung Markt) gelegen haben muss.

Der gesamte Auenbereich, in dem der Bach in Schleifen verlief (mäandrierte), muss hier bis zu 50 Meter breit gewesen sein. Das "Pendeln" des Baches in seinem Bett und die feinkörnigen Ablagerungen lassen auf eine relativ geringe Fließgeschwindigkeit schließen.

Die ersten römischen Siedler und spätere Generationen bis zu den Karolingern, so Bernhard Pröschels Schlussfolgerung, haben dann den Markthügel an dieser Seite angeschüttet, den Johannisbach in Richtung Norden (Templergraben) verlegt und in gewisser Weise auch kanalisiert.

Ob sich tatsächlich vor dem heutigen KKG zur Römerzeit vor 2000 Jahren ein Umschlagplatz für Waren aller Art befunden hat, die mit Lastkähnen herbeigeschafft wurden, müssen weitere Grabungen und Forschungen zeigen.

Noch fehlen Andreas Schaub zum Beweis etwa 600 Puzzlesteinchen ...

 

 

Wenn Sie mehr wissen wollen:

Bernhard Pröschel / Frank Lehmkuhl
Paleotopography and anthropogenic deposition thickness of the city of Aachen, Germany
Journal of Maps, Vol. 15 - 2019

Andreas Schaub u.a.
Kelten, Römer, Merowinger
in:
Thomas R. Kraus (Hg.)
Aachen - von den Anfängen bis zur Gegenwart
Band 1 - Die natürlichen Grundlagen des Aachener Raumes, die Ur- und Frühgeschichte sowie die spätkeltische und römische Zeit Aachens bis hin zu den Karolingern
Verlag Mayersche Buchhandlung, Aachen 2011

Protze - Blümel - Lehmkuhl - Nilson
Der Weg des Wassers
Verlag Meyer & Meyer, Aachen 2006

Ökologie-Zentrum Aachen
Der Johannisbach
Vom Aachener Wald bis zum Kugelbrunnen – drei Kilometer Stadtgeschichte

Steine für Dom und Ponttor
Zur Geschichte der Nivelsteiner Sandwerke

 

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© Ulrich Simons
Redakteur (1987-2019) - Fotojournalist - Blogger

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